Schleikähne

Die Holmer Fischer sind sich ihrer Tradition bewusst. Im September 1480 gestand der dänische König Christian I. den Holmer Fischern das Privileg der Schleppnetzfischerei auf der Schlei zu. Dazu das Recht am Ufer der Schlei zu kampieren, soweit sie die Pinne ihres Kahns werfen konnten. Und das taten die Fischer dann auch. Seit Jahrhunderten fischen sie mit ihren Kähnen in der flachen Schlei.

Schleikähne…

wurden genutzt (mit Motor teilweise bis heute) von Fischern aus Arnis, Maasholm, Kappeln und Schleswig. Die Boote der Arnisser und Maasholmer sind etwa 6,50 m lang und an dem innenliegenden Weger von den Holmer Kähnen zu unterscheiden. Die Fischer von Kappeln benutzten ihre Boote im Wesentlichen für die Unterhaltung ihrer festen Heringszäune. Die Arnisser stellten Reusen aus und die Maasholmer fuhren mit ihren Kähnen bis auf die offene See hinaus. Nur die Fischer vom Schleswiger Holm benutzten Netze für ihren Fischfang auf der Schlei.

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Zwar sind die Schleikähne seit Hunderten von Jahren mit Segeln ausgestattet, doch lieber war es den Fischern zu rudern. Die schweren Eichenkähne hatten in ihrer frühen Zeit lediglich Seitenschwerter und kreuzten schlecht. Deshalb wurden in aller Regel nur vor dem Wind die beiden Spreetsegel (plattdt.) gesetzt. Das größere Segel steht bei den Booten immer vorn. Dies soll die Luvgierigkeit ausgleichen, die dadurch entsteht, dass der achtere Mast immer hinter dem Schwertkasten stehen muss. Als goldene Regel galt früher, dass das vordere Segel zwei Quadratmeter größer sein soll als das achtere Segel. Klassische Taklung für einen Beikahn von 7,70 Meter Länge ist vorn acht Quadratmeter und achtern sechs, also zusammen 14 Quadratmeter Segelfläche. Bei starkem Wind nimmt der Fischer das achtere Segel fort und setzt den unverstagten Mast des vorderen Segels um eine Ducht (auf dem Holm ist für das Wort Ducht „Saad“ gebräuchlich) nach achtern.

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Gebaut wurden die Holmer Fischerkähne auf fünf, sieben oder neun Spanten und in Längen von etwa sechs bis elf Meter Länge über Steven, bei einem Verhältnis von Länge zu Breite wie fünf zu eins (B/L=0,2). Die Beplankung wurde in drei Gängen geklinkert aufgesetzt, gelegentlich (aber selten) wurden auch vier Plankengänge gebaut. Selten sind auch sogenannte „Kneekähne“, bei denen die Bodenwrangen und Spanten aus einem Stück gearbeitet wurden, eine Bauweise, die längere Haltbarkeit versprach.

Woi-Kahn

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Für die Netzfischerei waren ganz unterschiedliche Boote notwendig. Unterschieden wurden „Beikähne“ und „Woi-Kähne“. Das Wort „Woi“ steht für Wade, ein Netz, mit dessen Hilfe die Fischer einen Heringsschwarm einkreisen konnten. Der etwa elf Meter lange Woi-Kahn wurde mit sieben Mann Besatzung gefahren: vier Mann ruderten, zwei Mann bedienten ein einfaches hölzernes Netz-Spill und ein Mann hatte an der Hamensaad (einer l-förmigen Ducht im achteren Bereich des Bootes) das Netz auszusetzen. Ein weiterer Mann zog mit dem Beikahn die Wade um den vermuteten Fischschwarm herum. Das Netz war bis zu 1000 Meter lang. (siehe obere Bilder auf der rechten Seite – zum Vergrößern bitte anklicken). Der letzte existierende Woi-Kahn „Hein Meister“ befindet sich im Besitz des HSVS und wird im Winter 2017/18 in der Bootswerft Modersitzki aufwendig Saniert – siehe auch unseren Beitrag zur Aktion „Hein Meister retten!“.

„Holmer Schlie“

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Im Jahr 2009 fertigte die Museumswerft in Flensburg einen neuen Holmer Kahn nach alten Bauplänen, der im Zuge der Einweihung des neuen Bootshauses am 16. Mai auf den Namen „Holmer Schlie“ getauft wurde. Statt der typischen schwarz-grünen Farbe wurde das neue Holz nur mit Klarlack angestrichen. (Foto: Schleswiger Nachrichten/Pertiet)

Die meisten heute noch in Fahrt befindlichen Segelkähne sind Eigentum des HSVS. Teilweise wurden sie von Vereinsmitgliedern in jahrelanger Arbeit restauriert. Mehrere Dutzend Kähne sind gleichzeitig in den vergangen fünf Jahrzehnten zu Wracks verfallen oder in Öfen verschwunden. Aber auch ein Schleikahn im Besitz des Städtischen Museum Schleswig ist, durch unsachgemäße Behandlung (Außenausstellung), als irreparabel eingestuft worden und wurde daraufhin abgebrochen. So erging es auch zu Blumenkübeln zweckentfremdeten Holmer Kähnen, die in der Schleswiger Innenstadt ein trauriges Kapitel der Traditionspflege darstellten.

Weitere Schleikähne

Hinzufügen möchten wir, dass im Deutschen Schifffahrtsmuseum, Bremerhaven, und in der Volkskundlichen Abteilung der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf, Schleswig, unsere Schleikähne mit Hinweis auf den Holmer Segelverein Schleswig e.V. in ständigen Ausstellungen gezeigt werden.

Außerdem nutzt das Crowdfunding-Projekt „Müllfischer” von Kristian Dittmann aus Arnis einen renovierten Schleikahn, um die Ufer der Schlei von Müll zu befreien.